Aktuelle Trends, die den Arbeitsmarkt verändern
Der österreichische Arbeitsmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der von mehreren großen Trends gleichzeitig geprägt wird. Ein wesentlicher Treiber ist die Digitalisierung: Routinearbeiten, sowohl manuelle als auch kognitive, werden zunehmend automatisiert, während Tätigkeiten mit hohem Kommunikations- und Problemlösungsanteil an Bedeutung gewinnen. Obwohl österreichische Betriebe Fortschritte machen, liegt das Land beim Digitalisierungsgrad im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld. Gleichzeitig gibt es im IT-Sektor einen enormen Bedarf. In den Bereichen Elektrotechnik, Elektronik, Telekommunikation und IT sind rund 20.000 Stellen unbesetzt (Stand Jänner 2025).
Auch der Klimawandel verändert den Arbeitsmarkt nachhaltig. Die Energiewende sorgt für eine wachsende Nachfrage nach sogenannten Green Jobs. Besonders gefragt sind Fachkräfte in der Gebäudetechnik, bei erneuerbaren Energien oder in der Abfall- und Recyclingwirtschaft. Von Jänner bis inklusive Mai 2025 hat das AMS Wien 5.950 Green Jobs vermittelt, also um knapp sechs Prozent mehr als in den ersten fünf Monaten 2024. Neben hochspezialisierten Berufen spielen auch Lehrberufe mit „grünen Kompetenzen“ eine immer größere Rolle, da nachhaltiges Wirtschaften quer durch alle Branchen wichtiger wird.
Parallel dazu stellt die alternde Gesellschaft das Land vor enorme Herausforderungen. Der steigende Pflegebedarf trifft auf einen bereits bestehenden Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal. In Krankenhäusern, Pflegeheimen und in der mobilen Betreuung fehlen Fachkräfte, was nicht nur das Gesundheitssystem belastet, sondern auch neue Qualifizierungsinitiativen notwendig macht. Der sogenannte Pflegenotstand zählt daher zu den dringendsten arbeitsmarktpolitischen Baustellen.
Ein weiterer Faktor sind Globalisierung und neue Arbeitsmodelle. Die Corona-Pandemie hat den Trend zu Homeoffice und hybriden Arbeitsformen beschleunigt. Heute erwarten viele Beschäftigte die Möglichkeit, zumindest teilweise remote zu arbeiten. Gleichzeitig boomt die Plattformarbeit, etwa in der Zustellung, Logistik oder bei digitalen Dienstleistungen. Diese Entwicklung eröffnet Chancen für Flexibilität, wirft aber auch Fragen nach fairen Arbeitsbedingungen und Absicherung auf.
Schließlich spitzt sich der Fachkräftemangel in vielen Branchen weiter zu. Er betrifft nicht nur hochqualifizierte Jobs, sondern zieht sich durch nahezu alle Qualifikationsebenen. In Österreich waren im Jänner 2025 153.291 offene Stellen ausgeschrieben – ein historisch hohes Niveau. Besonders groß ist die Lücke in technischen Handwerksberufen, in der Pflege, im IT-Bereich und in grünen Zukunftsbranchen. Prognosen des Rechnungshofs bestätigen, dass sich dieses Problem in den kommenden Jahren noch verschärfen wird, wenn nicht gezielt gegengesteuert wird.
Zukünftige Wachstumsbranchen in Österreich
Die Entwicklung des österreichischen Arbeitsmarktes in den nächsten zehn Jahren wird stark von gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen geprägt sein. Besonders deutlich zeigt sich das in jenen Branchen, die bereits heute von hoher Nachfrage und strukturellem Wandel betroffen sind.
Gesundheits- und Pflegeberufe
Gesundheits- und Pflegeberufe werden durch den demografischen Wandel stark wachsen. Schon jetzt fehlen in Spitälern, Pflegeheimen und in der mobilen Betreuung tausende Fachkräfte. Mit einer älter werdenden Bevölkerung steigt der Bedarf an gut ausgebildetem Personal in Medizin, Pflege und Therapie kontinuierlich weiter.
Technische Berufe
Technische Berufe bieten großes Potenzial. Ingenieurinnen und Ingenieure in den Bereichen Mechatronik, Maschinenbau oder IT-Systemtechnik sind zentrale Treiber der industriellen Produktion und Innovation. Unternehmen suchen hier zunehmend nach Fachkräften, die klassische Technik mit digitalen Kompetenzen verbinden können.
IT und Digitalisierung
Ein besonders dynamischer Bereich bleibt die Softwareentwicklung, Data Analytics, Künstliche Intelligenz und Cybersecurity gehören zu den Feldern mit den stärksten Wachstumsraten. Der Fachkräftemangel in diesen Berufen ist schon jetzt spürbar und wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, wenn die Nachfrage nach digitalen Lösungen weiter zunimmt.
Nachhaltigkeit und Umwelttechnik
Diese beiden Bereiche gewinnen rasant an Bedeutung. Berufe wie Energieberater, Solartechniker oder Experte für Recycling- und Kreislaufwirtschaft werden zu Schlüsselrollen der Energiewende. Österreichs Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein, verstärkt diesen Trend und schafft viele neue Jobmöglichkeiten.
Bau- und Gebäudetechniksektor
Im Bau- und Gebäudetechniksektor werden insbesondere Sanierung, Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen entscheidend sein. Fachkräfte, die sich mit moderner Gebäudetechnik, Wärmedämmung oder Photovoltaik auskennen, sind schon jetzt heiß begehrt.
Logistik und das Supply Chain Management
Diese beiden Branchen befinden sich im Umbruch. Digitale Lösungen, Automatisierung und internationale Lieferketten erfordern neue Kompetenzen – von IT-gestützten Planungs- und Steuerungssystemen bis hin zu nachhaltigen Transportlösungen.
Bildung und soziale Arbeit
Der Bildungs- und Sozialsektor wird stärker in den Fokus rücken. Eine alternde Bevölkerung, eine wachsende kulturelle Vielfalt sowie der steigende Bedarf an frühkindlicher Bildung führen dazu, dass Fachkräfte in Pädagogik, Sozialarbeit und Betreuung weiterhin stark gefragt sein werden.
Schlüsselkompetenzen der Zukunft
Nicht nur ganze Branchen verändern sich, auch die Anforderungen an einzelne Arbeitnehmer wandeln sich tiefgreifend. Fachwissen allein wird künftig nicht mehr ausreichen. Vielmehr sind es übergreifende Kompetenzen, die Beschäftigte befähigen, mit neuen Technologien, Arbeitsmodellen und gesellschaftlichen Herausforderungen umzugehen.
Ein zentrales Fundament bilden digitale Skills. Sie sind längst nicht mehr nur in der IT gefragt, sondern durchdringen alle Berufsfelder. Ob im Lager, in der Montage oder im Büro – digitale Tools und automatisierte Systeme gehören zum Alltag. Wer sie sicher anwenden und mit neuen Technologien umgehen kann, bleibt auch in traditionellen Berufen wettbewerbsfähig.
Darüber hinaus gewinnen Problemlösungskompetenz und kritisches Denken an Bedeutung. In einer Arbeitswelt, die von Komplexität geprägt ist, braucht es Menschen, die Daten hinterfragen, Entscheidungen reflektieren und kreative Lösungen entwickeln können – Fähigkeiten, die Maschinen so schnell nicht ersetzen werden.
Zunehmend wichtig wird auch die Fähigkeit zum interdisziplinären Arbeiten und zur kontinuierlichen Weiterbildung. Projekte werden in Zukunft oft an der Schnittstelle verschiedener Fachbereiche umgesetzt, beispielsweise wenn Technik, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammentreffen. Lernbereitschaft und Offenheit für Neues sind deshalb entscheidende Erfolgsfaktoren.
Auch die Kommunikationsfähigkeit rückt in den Vordergrund. Teams sind heute internationaler, diverser und häufiger virtuell organisiert. Wer klar kommunizieren, kulturelle Unterschiede berücksichtigen und Konflikte konstruktiv lösen kann, trägt wesentlich zum Gelingen gemeinsamer Arbeit bei.
Nicht zuletzt erfordert die zunehmende Verbreitung von Homeoffice und hybriden Modellen ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Beschäftigte müssen in der Lage sein, ihre Arbeit eigenständig zu strukturieren, Prioritäten zu setzen und Ergebnisse auch ohne permanente Kontrolle zu liefern.
Recruiting-Strategien für zukunftsorientierte Unternehmen
Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte wird in den kommenden Jahren noch intensiver werden. Unternehmen, die langfristig erfolgreich bleiben wollen, müssen ihr Recruiting daher proaktiv und zukunftsorientiert ausrichten. Klassische Stellenausschreibungen reichen längst nicht mehr aus. Gefragt sind Strategien, die Talente frühzeitig ansprechen, Potenziale entwickeln und flexibel auf Marktveränderungen reagieren.
Ein zentraler Ansatz ist die frühzeitige Ansprache von Talenten. Kooperationen mit Schulen, Fachhochschulen und Universitäten sowie gezielte Programme für Quereinsteigern helfen, neue Zielgruppen zu erschließen und den eigenen Fachkräftepool zu erweitern. Gerade in technischen und digitalen Berufen können Unternehmen so frühzeitig Kontakte zu Nachwuchstalenten knüpfen.
Darüber hinaus wird Weiterbildung zu einem entscheidenden Baustein der Personalbindung. Durch gezieltes Upskilling und Reskilling können Beschäftigte an neue Technologien und Aufgabenfelder herangeführt werden. So lassen sich Wissenslücken schließen, gleichzeitig fühlen sich Mitarbeitende gefördert und langfristig an das Unternehmen gebunden.
Wichtig ist auch, Jobprofile regelmäßig zu überarbeiten und an die Zukunft anzupassen. Viele Tätigkeiten verändern sich durch Digitalisierung, Nachhaltigkeitsanforderungen und neue Geschäftsmodelle. Wer Stellenbeschreibungen statisch behandelt, läuft Gefahr, nicht die passenden Kandidaten zu finden. Dynamische, zukunftsfähige Profile hingegen erhöhen die Attraktivität am Arbeitsmarkt.
Ein weiterer Erfolgsfaktor sind Kooperationen mit relevanten Institutionen. Die Zusammenarbeit mit dem AMS, mit Fachhochschulen, Gewerkschaften oder Weiterbildungsanbietern eröffnet Unternehmen den Zugang zu Förderungen, Weiterbildungsprogrammen und neuen Rekrutierungskanälen. Solche Netzwerke erleichtern es, Talente zu finden und sie auf die Anforderungen von morgen vorzubereiten.
Schließlich kann der Einsatz von Zeitarbeit und Personaldienstleistern sinnvoll sein, vor allem in Berufen mit stark schwankendem Bedarf. Flexible Beschäftigungsmodelle helfen, kurzfristige Engpässe zu überbrücken, ohne die langfristige Personalstrategie aus den Augen zu verlieren.
Zukunftsorientiertes Recruiting bedeutet also, gleichzeitig auf nachhaltige Bindung und flexible Lösungen zu setzen. Wer Talente früh fördert, Mitarbeitende kontinuierlich weiterentwickelt und sein Netzwerk gezielt erweitert, verschafft sich im Wettbewerb um Fachkräfte entscheidende Vorteile.
Herausforderungen für HR in der Praxis
HR-Abteilungen stehen in den kommenden Jahren vor einer Reihe komplexer Herausforderungen. Eine der größten Unsicherheiten besteht darin, welche Skills und Kompetenzen künftig tatsächlich benötigt werden. Schnelle technologische Entwicklungen, neue Arbeitsmodelle und die Transformation ganzer Branchen erschweren die langfristige Personalplanung. Jobprofile und Weiterbildungsmaßnahmen laufen so Gefahr, an den tatsächlichen Anforderungen vorbeizugehen.
Gleichzeitig gibt es in vielen Bereichen trotz hoher Nachfrage einfach nicht genug Bewerber. Besonders spürbar ist dies in technischen Berufen, der IT, Pflegeberufen und sogenannten Green Jobs. Die Folgen sind längere Besetzungszeiten, erhöhter Druck auf bestehende Teams und das Risiko, dass Projekte oder Produktionsprozesse ins Stocken geraten.
Die Rekrutierung spezialisierter Fachkräfte ist ohnehin zeitintensiv. Berufe wie Mechatronik, Data Analytics oder Umwelttechnik erfordern zielgerichtetes Recruiting, intensives Employer Branding und häufig zusätzliche Ressourcen, um geeignete Kandidaten zu identifizieren und zu gewinnen.
Parallel wächst der Druck auf Unternehmen, in interne Weiterbildung zu investieren. Mitarbeitende müssen kontinuierlich neue Kompetenzen erwerben, um den Anforderungen der digitalen Transformation, der Nachhaltigkeit und veränderter Geschäftsprozesse gerecht zu werden. Besonders ältere Mitarbeitende benötigen oft gezielte Unterstützung, um sich erfolgreich weiterzuentwickeln.
Hinzu kommt die starke Konkurrenz um Talente, vor allem in Ballungsräumen. Unternehmen müssen attraktive Arbeitsbedingungen, flexible Modelle wie Remote Work und ein überzeugendes Employer Branding bieten, um Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu halten. Dabei kann die Öffnung des Kandidatenpools über regionale Grenzen hinweg eine entscheidende Strategie sein, um den wachsenden Bedarf zu decken.
Wie Unternehmen den Arbeitsmarkt der Zukunft aktiv gestalten können
Wer heute aktiv die Veränderungen des Arbeitsmarktes beobachtet und sich auf die Trends von morgen einstellt, sichert sich einen entscheidenden Talent-Vorsprung. Die Arbeitswelt wird sich weiterhin dynamisch verändern, getrieben von Digitalisierung, Nachhaltigkeit, demografischem Wandel und neuen Arbeitsmodellen. Gleichzeitig entstehen dadurch vielfältige Chancen für Unternehmen, Mitarbeitende und Berufseinsteiger gleichermaßen.
HR-Abteilungen müssen sich von administrativen Aufgaben hin zu einem strategischen Motor im Unternehmen entwickeln. Nur wer Recruiting-Prozesse flexibel gestaltet, Berufsbilder kontinuierlich überprüft und gezielt in Aus- und Weiterbildung investiert, kann Fachkräfte langfristig gewinnen und binden.
Beobachten Sie also die Entwicklung relevanter Berufsbilder, passen Sie Recruiting-Strategien dynamisch an und setzen Sie auf konsequentes Upskilling und Reskilling. So stellen Unternehmen sicher, dass sie nicht nur auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren, sondern sie aktiv gestalten und die eigenen Mitarbeitenden fit für die kommenden Jahre machen.