Was ist ein Kollektivvertrag und wozu wird er benötigt?
Ein Kollektivvertrag ist ein Vertrag, der zwischen einer oder mehreren Gewerkschaften und einem oder mehreren Arbeitgeberverbänden abgeschlossen wird. Im Kollektivvertrag finden sich Regelungen wieder, die in den geltenden Gesetzen nicht enthalten sind. Der Kollektivvertrag erweitert diese Gesetze somit mit speziellen Regelungen. Es gilt, dass ein Kollektivvertrag nicht geltendem Recht widersprechen darf. Die einzelnen Dienstverträge, die jeder Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber abschließt, dürfen wiederum dem geltenden Kollektivvertrag nicht widersprechen.
Welche Inhalte hat ein Kollektivvertrag?
In einem Kollektivvertrag sind alle Rechte und Pflichten der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmer geregelt. Dies betrifft Regelungen zu Arbeitszeiten, Prämien, Gehaltsstufen, Mindestlöhne, Kündigungen, Zulagen, Lohnerhöhungen und Urlaubsregelungen. Es entscheidet somit der Kollektivvertrag, wie hoch das Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld ist, wie mit Überstunden umgegangen wird und welche Aufwandsentschädigungen es gibt.
Wie wird ein Kollektivvertrag abgeschlossen?
Der Kollektivvertrag muss einheitlich beschlossen werden. Das bedeutet, ein Kollektivvertrag hat erst dann Gültigkeit, wenn beide Parteien ihre Zustimmung gegeben haben. Dies setzt viele Verhandlungsrunden voraus. Es dauert somit, bis ein neuer Kollektivvertrag ausgehandelt ist. Meist läuft der Prozess so ab, dass Gewerkschaften Forderungen stellen. Die Arbeitgeberseite muss daraufhin Bereitschaft zu Verhandlungen zeigen. Oftmals werden Kollektivvertragsverhandlungen aber von Streikmaßnahmen begleitet, da es schwerfällt, eine Einigung zu erzielen.
Welcher Kollektivvertrag ist für mich relevant und wo finde ich ihn?
Kollektivverträge gibt es viele. Es ist dabei für Sie völlig irrelevant, ob und wenn ja, bei welcher Gewerkschaft Sie sind. Ebenso zählt Ihr erlernter Beruf nicht. Welcher Kollektivvertrag auf Ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, hängt einzig und allein vom Arbeitgeberverband Ihres Arbeitgebers ab. Die Wirtschaftskammer bestimmt, welchem Verband Ihr Arbeitgeber angehört.
Ein Beispiel: Arbeiten Sie als Buchhalter in einem Hotel, unterliegen Sie dem Kollektivvertrag für Angestellte im Gastgewerbe, da Ihr Arbeitgeber diesem Arbeitgeberverband angehört. Würden Sie hingegen als Buchhalter in einem Handelsunternehmen arbeiten, würden Sie dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte unterliegen. Wenn Sie sich unsicher sind, werfen Sie einen Blick auf Ihren Dienstzettel. Dort ist vermerkt, welcher Vertrag für Sie gilt.
Sie möchten Einblick in Ihren Kollektivvertrag erhalten? Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft, können Sie jederzeit ein gedrucktes Formular bei Ihrer Gewerkschaft anfordern. Zudem muss der Kollektivvertrag in jedem Betrieb zur Einsichtnahme aufliegen. Ansonsten sind die Verträge auch online aufzufinden.
Kann ich zwischen Kollektivverträgen wählen?
Da einzig die Zugehörigkeit Ihres Arbeitgebers zum jeweiligen Arbeitgeberverband zählt, können Sie nicht zwischen Kollektivverträgen wählen. Es gibt zum einen fachliche Kriterien, die Sie zu einem bestimmten Kollektivvertrag zuordnen. Zum anderen gibt es auch räumliche Kriterien, es ist also ebenso entscheidend, in welchem Bundesland Sie arbeiten.
Was bedeutet Bezahlung nach Kollektivvertrag?
In Österreich gibt es keinen einheitlichen Mindestlohn. Jede Branche ist durch Ihren speziellen Kollektivvertrag individuell geregelt. Eine Bezahlung unter diesem ausgehandelten Mindestlohn ist in Österreich untersagt.
Eine Bezahlung nach Kollektivvertrag bedeutet somit, dass Sie nach dem für Ihre Branche vereinbarten Mindestlohn bezahlt werden. Um die für Sie richtige Einstufung zu finden, sind zudem die Jahre an Berufserfahrung entscheidend. Je mehr Erfahrung, desto mehr Lohn steht Ihnen laut Kollektivvertrag zu.
Ist der Kollektivvertrag brutto oder netto?
Sofern nicht anders angegeben, sind die Mindestsätze brutto.
Welche Kollektivverträge gibt es?
In Österreich gibt es eine Vielzahl an Kollektivverträgen – jährlich werden etwa 450 Kollektivverträge neu verhandelt und abgeschlossen. Das zeigt, dass viele Verträge sehr spezifisch sind. Zu den am meisten angewandten Kollektivverträgen zählt der Kollektivvertrag der Handelsangestellten, der Kollektivvertrag für Hotel und Gastgewerbe, der Kollektivvertrag für Metallgewerbe oder der Kollektivvertrag für das Baugewerbe.
Gilt der Kollektivvertrag auch für mich, wenn ich kein Mitglied der Gewerkschaft bin?
Ja. Es ist irrelevant, ob Sie Mitglied in einer Gewerkschaft sind. Der Kollektivvertrag gilt und schützt Sie in jedem Fall.
Was passiert bei einem Verstoß gegen den Kollektivvertrag?
Ein Arbeitsvertrag muss den Regelungen des Kollektivvertrags entsprechen. Bei Missachtung drohen dem Arbeitgeber Sanktionen. Fühlen Sie sich als Arbeitnehmer betroffen, können Sie den Verstoß zur Anzeige bringen. In Österreich wenden Sie sich dazu am besten an die Arbeiterkammer.