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„Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, jeden Tag ins Büro zu gehen“ – Interview mit Melanie Gutdeutsch

Flache Hierarchien, bessere Zeiteinteilung und die Möglichkeit, zwischendurch mal zu entspannen: Für Melanie Gutdeutsch hat das digitale Arbeiten im Home Office eindeutige Vorteile. Warum sie trotzdem gerne immer wieder mal ins Büro geht und wie Arbeitgeber den Umstieg auf digitale Prozesse schaffen können, erzählt sie im Gespräch.

Was bedeutet digitales Arbeiten für dich?

„Digitales Arbeiten heißt für mich, dass ich das tägliche Geschäft komplett online abwickeln kann, und das wo und wann ich möchte. Damit bin ich nicht nur schneller, sondern spare mir auch die Zeit und kann Dinge digital einfacher verbinden: Virtuell kann ich buchstäblich jeden, den ich brauche, in ein Meeting mitnehmen.“

Siehst du in der Umstellung auf digitale Prozesse vielleicht auch Stolperschwellen?

Manchmal ist es in der persönlichen Begegnung leichter, Dinge rüberzubringen. Man findet vielleicht schneller eine Verbindung zum Gegenüber, während virtuell oder bei der reinen Arbeit im Home Office der zwischenmenschliche Kontakt ein bisschen verloren geht. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, etwas zu verpassen: Mein MS Teams-Account meldet sich gefühlt 50 Mal pro Tag, weil jemand anruft und etwas braucht. Diese Frequenz wäre vor Ort im Büro gar nicht möglich, die Informationen fließen daher gefühlt auch schneller.

Welche Vorteile hat die digitale Zusammenarbeit gerade bei der Personalsuche?

„Ich kann Kandidaten ortsunabhängig zu fast jeder Uhrzeit einen Termin anbieten, zum Beispiel auch vor oder nach den regulären Bürostunden. Man kommt so einfach viel leichter zusammen, Kandidaten profitieren auf ihrer Seite von erhöhter Flexibilität.“

Findest du Gespräche mit Kandidaten digital einfacher oder schwieriger?

„Manche Menschen sind online eher aufgeregt, weil es eine ungewohnte Situation ist, da muss man einfach den richtigen Rahmen schaffen und sich ins Gegenüber einfühlen. Für mich heißt das, nicht direkt ins Thema zu springen, sondern Platz zu lassen für gegenseitiges Abtasten und um eine gegenseitige Vertrauensbasis aufzubauen. An sich habe ich aber kein Problem, auch virtuell ein Gespür für den Kandidaten zu bekommen, da weiß ich, welche Knöpfe ich drücken muss (lacht).“

Wie schaffen Unternehmen den Umstieg auf digitales Arbeiten?

„Ob der Umstieg auf die digitale Zusammenarbeit gelingt, hängt auch stark von der Unternehmensspitze ab: Gerade wenn es sehr hierarchisch zugeht, ist digitales Arbeiten eher schwierig, weil virtuell alle auf Augenhöhe agieren. Wenn es im Betrieb aber eher flache Hierarchien gibt, unterstützt das digitale Arbeiten die Zusammenarbeit, eben indem Silos eingerissen werden und hierarchisches Denken wenig Chancen hat.“

Ist eine Umstellung auf 100% digitale Zusammenarbeit in dem Fall realistisch?

„Menschen werden immer die Möglichkeit brauchen, auch analog zu arbeiten und einander im realen Leben zu begegnen. Das Büro dient hier als Begegnungszone für den persönlichen Kontakt und Austausch, auch um die Stimmungen abzuschätzen. Daneben ist aber das Angebot an Home Office und remote Work sehr wichtig, gerade bei der Suche nach Fachkräften – ich persönlich kann mir aber nicht mehr vorstellen, jeden Tag ins Büro zu gehen (lacht).“

Digitalisierung als Lösung für den Fachkräftemangel?

„Natürlich kann digitales Arbeiten gerade kleine und mittlere Betriebe attraktiver für Kandidaten machen, Stichwort Work Life-Balance. Jemand, der frisch von der Uni kommt, will nicht fünf Tage die Woche von 9 bis 17 Uhr ins Büro gehen, da müssen sich Arbeitgeber mehr einfallen lassen. Zusätzlich sind Menschen im Home Office zum Teil auch produktiver, gerade weil das Stresslevel reduziert ist. Ein kurzes Nickerchen oder mal mit dem Hund um den Block: Die Möglichkeiten, sich zwischendurch zu entspannen, sind im Home Office viel greifbarer.“

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