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Mythos All-In-Vertrag – Talentra klärt auf

Beim Begriff All-Inklusive denken die meisten an Urlaubsclubs und inkludierte Verpflegung ohne zusätzliche Kosten. In der Arbeitswelt versprechen All-In-Verträge ähnliche Vorteile: Sie erhalten ein Pauschalgehalt, das Überstunden bereits inkludiert – egal, wie wenige oder viele Mehrstunden Sie tatsächlich leisten. Oder tappen Arbeitnehmer bei All-In-Klauseln in einen Teufelskreis aus unbezahlter Mehrarbeit und Überstundenpflicht? Wir räumen mit Mythen rund um All-In-Verträge auf und halten die wichtigsten Fakten bereit.

Was ist ein All-In-Vertrag?

Bei einem „All-in-Vertrag“ wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Gesamtgehalt vereinbart, das bereits alle zukünftigen Über- oder Mehrstunden pauschal inkludiert. Mit anderen Worten verpflichtet sich der Arbeitgeber zu einer überkollektivvertraglichen Entlohnung, während der Arbeitnehmer sich bereit erklärt, Mehrstunden zu leisten, wenn diese anfallen.

Was ist der Unterschied zwischen All-In-Vertrag und Überstundenpauschale?

All-In-Verträge werden auch „unechte Überstundenpauschale“ genannt, denn in einer Überstundenpauschale wird genau festgelegt, welcher Betrag für wie viele Überstunden ausbezahlt wird. In einer All-In-Vereinbarung ist nur ein Grundgehalt und ein pauschaler Betrag für anfallende Mehrstunden ausgewiesen.

Sowohl für All-In-Verträge als auch für die echte Überstundenpauschale gilt: Wenn Sie für eine längere Zeit (innerhalb eines Arbeitsjahrs) so viele Überstunden geleistet haben, dass diese nicht mehr durch das festgelegte Gehalt gedeckt werden, steht Ihnen eine Mehrzahlung zu. Umgekehrt wird Ihr Gehalt jedoch nicht gekürzt, wenn keine oder weniger als die pauschal errechneten Überstunden angefallen sind.

Worauf sollten Sie bei einem All-In-Vertrag achten?

Die goldene Regel für Arbeitnehmer, die in einen neuen Job einsteigen, lautet: Lesen Sie Ihren Arbeitsvertrag genau und mehrmals durch! Bei Unklarheiten und Fragen sollten Sie unbedingt beim Arbeitgeber nachhaken oder im Zweifel sogar externe Stellen wie die Arbeiterkammer befragen. Da Verträge juristischen Fachtexten gleichen und nicht immer leicht zu lesen sind, kann es sogar passieren, dass Sie einen All-In-Vertrag nicht als solchen erkennen.

Folgende Anforderungen müssen All-In-Verträge gesetzlich erfüllen

  • Mit dem gewährten Entgelt werden auch die Überstunden abgegolten.
  • Seit 2016 muss im Vertrag laut dem Transparenzgebot angegeben werden, wie hoch der Betrag des Grundgehalts ohne Pauschalen ist – dieses darf das kollektivvertragliche Mindestgehalt der Branche nicht unterschreiten.
  • Ebenso darf der Arbeitnehmer durch den Pauschalbetrag für Überstunden nicht schlechter gestellt sein als bei einer Einzelabrechnung von Überstunden.
  • Laut dem Arbeitszeitgesetz darf die Tagesarbeitszeit grundsätzlich 12 Stunden und die Wochenarbeitszeit 60 Stunden nicht überschreiten. Ab der 11. Tagesstunde oder der 51. Stunde wöchentlich geleistete Überstunden sind völlig freiwillig und können vom Arbeitnehmer grundlos abgelehnt werden. Sie sind daher nicht Teil der All-In-Vereinbarung.

Achten Sie beim Prüfen Ihres Arbeitsvertrags auf den genauen Wortlaut, vor allem bei Formulierungen zu Überstunden und Überbezahlung: „überkollektivvertragliche Entlohnung für anfallende Überstunden“, „Überstundenpauschale“ oder „mit der Überzahlung ist der jeweilige Überstundenzuschlag bereits abgegolten“.

Mythos vs. Fakt: So behalten Sie den Durchblick bei All-In-Verträgen

All-In-Verträge haben einen schlechten Ruf, da sie teils vom Arbeitnehmer schwer nachzuvollziehen sind und dadurch Raum für Spekulationen oder Ängste lassen. Wir haben die am häufigsten gestellten Fragen sowie Missverständnisse zu All-In-Vereinbarungen recherchiert und klären mit Fakten auf:

1. Mit dem All-In-Vertrag ist alles abgegolten.

Ja und nein. Neben dem Grundgehalt und der Pauschale für Überstunden kann das All-In-Gehalt auch Zulagen, Prämien, Spesen oder Diäten beinhalten. Ob Sachbezüge oder Aufwandsentschädigungen wie Dienstreisen zusätzlich abgegolten werden, müssen Sie klar mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren.

2. Führt die All-In Klausel in Wirklichkeit zu unbezahlten Überstunden auf Kosten der Arbeitnehmer?

Rein faktisch gesehen sollte dies bei einer wirklichen All-In-Vereinbarung nicht zutreffen – wenn Sie vor Vertragsunterzeichnung geprüft haben, dass das All-In-Gehalt dem Kollektivvertrag entspricht und die maximale Anzahl an Überstunden laut Arbeitszeitgesetz ausreichend abgegolten wird. Rechnen Sie daher vorab aus, wie viele Überstunden durch das All-In-Gehalt tatsächlich abgedeckt sind. Um einen ungefähren Richtwert für Grundgehalt und Überstundengeld zu bekommen, ist etwa der All-In-Rechner der gpa (Gewerkschaft) hilfreich.

3. Leisten Arbeitnehmer mit All-In-Vertrag mehr Überstunden als Arbeitende ohne All-In-Verpflichtung?

Es gibt keine repräsentativen Studien, die belegen, dass Arbeitende mit All-In-Verträgen insgesamt mehr Überstunden machen – grundsätzlich leisten zwei von drei Österreichern laut der Arbeiterkammer regelmäßig Überstunden. Für Arbeitnehmer mit All-In-Abmachungen ist es ebenso wichtig, eine genaue Zeitaufzeichnung zu führen und regelmäßig zu prüfen, dass die Höchstanzahl von Überstunden nicht überschritten wird oder am Ende des Arbeitsjahres abgegolten wird.

4. Ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, tatsächlich geleistete und abgegoltene Überstunden regelmäßig zu prüfen?

Ja – am Jahresende muss eine sogenannte Deckungsprüfung durchgeführt werden, um zu ermitteln, ob alle Leistungen der Arbeitnehmer tatsächlich durch das All-In-Gehalt gedeckt wurden. Wenn die Überstunden nicht ausreichend abgegolten wurden, muss der Arbeitnehmer darüber informiert und die Differenz ausgezahlt werden.

5. Müssen Sie alle Überstunden, die im All-In-Vertrag abgegolten sind, auch leisten?

Nein. Mit einem All-In-Vertrag verpflichten Sie sich zur Bereitschaft, Überstunden zu leisten, wenn diese anfallen. Das Gehalt bleibt gleich, ob Sie im Monat die vertragliche Höchstzahl von 26,4 Stunden mehr arbeiten (Verträge vor 2018: 34,6 Stunden) oder überhaupt keine Überstunden anfallen.

6. Sind bei All-In-Verträgen verschiedene Arbeitszeitmodelle möglich?

Arbeitszeitmodelle hängen vom jeweiligen Betrieb und kollektivvertraglichen Vorgaben ab. Stellen Sie bei Vertragserstellung klar, ob die Möglichkeit für Gleitzeit, flexible Arbeitszeiten oder das Abgelten von Überstunden durch Zeitausgleich besteht. Ein All-In-Vertrag setzt auch nicht automatisch die Bereitschaft voraus, zu ungewöhnlichen Zeiten (Sonn- und Feiertage, Abende) zu arbeiten – dies muss im Arbeitsvertrag transparent festgelegt werden.

Vor- und Nachteile von All-In-Verträgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

All-In-Verträge können für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vor- und Nachteile haben. Bei Arbeitgebern erfreuen sich diese Vereinbarungen immer größerer Beliebtheit, da die Entgeltberechnung vereinfacht wird und weniger Verwaltungsaufwand anfällt. Aufgrund des schlechten Rufs von All-In-Verträgen werden diese von Unternehmen jedoch häufig nicht als solche kommuniziert, was sich später negativ auf das Arbeitsverhältnis und die Beziehung zum neuen Mitarbeiter auswirken kann. Arbeitnehmer wiederum profitieren bei All-In-Vereinbarungen von einer durchschnittlich höheren Entlohnung und Berechnungsgrundlage für Sonderzahlungen und Entgeltfortzahlungen. In der Praxis gibt es allerdings immer wieder Diskrepanzen, was die Anzahl der abgegoltenen Überstunden im All-In-Vertrag oder die tatsächliche Durchführung der Deckungsprüfung durch den Arbeitgeber betrifft.

Fazit: All-informiert-sein ist bei All-In-Vereinbarungen Pflicht

Bevor Sie einen All-In-Vertrag abschließen, sollten Sie sich daher eingehend über das kollektivvertragliche Mindestgehalt, die faire Abgeltung möglicher Arbeitsstunden und etwaige Zusatzabgeltungen informieren. Und keine falsche Bescheidenheit bei der Überprüfung von Arbeitszeiten oder der Einforderung von zusätzlichem Lohn für nicht gedeckte Überstunden – Mythen und Unsicherheiten rund um All-In-Verträge entstehen vor allem, wenn die Arbeitsvereinbarung vorab nicht transparent ist und Arbeitnehmer im Nachhinein nicht wagen, Ihre Rechte einzufordern oder das Unternehmen in die Pflicht zu nehmen.

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